Erkundungen in der Stadtlandschaft  „Einen passenden sozialen Raum zu schaffen, in dem die gestaltende Gesellschaft in ihrer Erscheinung und in ihrem Ausdruck Form annimmt, obschon sie mit ihm nicht übereinstimmt und ihr Raum gleichzeitig ihr Grab und ihre Wiege ist, das passiert nicht in einem Tag. Das ist ein Prozess.“ Henri Lefebvre in „La production de l’espace“  Die Stadtlandschaft ist nicht einfach gegeben, sondern wird von den Menschen kontinuierlich ge¬schaffen. Sie ist ein gesellschaftliches Produkt und entsteht im Drei¬ecksverhältnis von alltäglicher Erfahrung, herrschender Ordnung und sozialem Gebrauch. Im Lauf der Zeit wird die Wechselwirkung dieser drei Dimensionen durch Veränderungen im Raum erkennbar.   Um zu „sehen, was jedermann sehen kann, aber nicht sieht“ (Paul Valery) braucht es „einen frischen, unverstellten Blick“, wie es der Spaziergangforscher Lucius Burckhardt nannte. Die langsame Fortbewegung zu Fuss, von jeher die eindrücklichste und erkenntnisreichste Methode der Landschaftserkundung, ist dafür am besten geeignet. Die Wahrnehmung erfolgt in Sequenzen und über alle Sinne.   Doch Lucius Burckhardt behauptete auch: „Die Umwelt der Menschen ist nicht das was man sieht, die Umwelt ist sozial“. Ein möglicher Weg diese soziale Umwelt zu sehen, besteht darin, unvoreingenommen den Spuren von belebten und unbelebten Akteuren zu folgen und den Fokus vermehrt auf das Kontroverse aber auch auf das Anschlussfähige zu legen. Der auf diese Weise zurückgelegte Weg ist im Gegensatz zum Spaziergang keine Bewegung, welche sich auf einer geografischen Karte rekonstruieren lässt. Die entsprechenden Orts-, Zeit- und Massstabssprünge würden wenig aussagen. Erst durch die fortlaufende Darstellung von Handlungsketten werden Verbindungen zwischen konkreten Orten und Momenten in der Stadtlandschaft sichtbar und verdichten sich zu einem Geflecht von Beziehungen, welche die Stadtlandschaft ausmachen. Jeder Schritt einer Handlung lässt sich bildlich festhalten. Weder der vermeintliche Anfang noch das momentane Ende ist für sich aber wirklich spannend. Was zählt ist die Beziehung zwischen zwei Schritten, welche wiederum in kleinere Zwischenschritte zerlegbar ist. Erst sie erlaubt, den kontinuierlichen Prozess der räumlichen Veränderung zumindest ausschnittweise nachzuvollziehen.    „Das Sichtbare liegt niemals weder in einem einzigen, isolierten Bild, noch in irgend etwas ausserhalb der Bilder, jedoch in einer Bildermontage, einer Verwandlung von Bildern, einem Dahinwandern durch unterschiedliche Ansichten, einem Durchgang, einer Formgebung, einem in Beziehung setzen. Sicher, das Phänomen erscheint nie auf dem Bild, aber es wird hingegen in dem, was sich verändert, sichtbar, bewegt sich fort, verformt sich von einem Bild zum nächsten, von einem Blickpunkt, von einer Perspektive zur nächsten.“  Bruno Latour in „Paris – Ville invisible“
Schadaugärtnerei im Wandel